HENSCHE RECHTSANWÄLTE, FACHANWALTSKANZLEI FÜR ARBEITSRECHT

ARBEITSRECHT AKTUELL // 09/087

Ver­schär­fung der Ma­na­ger­haf­tung

Zur Dis­kus­si­on um den Ge­set­zes­ent­wurf der gro­ßen Ko­ali­ti­on zum Vors­tAG: Er­neu­tes Tau­zie­hen zwi­schen CDU/CSU und SPD in der Ko­ali­ti­ons-Ar­beits­grup­pe "Ma­na­ger­ge­häl­ter"
Zwei Männchen mit Euro Wem nützt ei­ne per­sön­li­che Be­tei­li­gung von Ma­na­gern an der Scha­dens­re­gu­lie­rung?

25.05.2009. Die 16. Wahl­pe­ri­ode neigt sich dem En­de zu. Das der­zei­ti­ge Ge­setz­ge­bungs­ver­fah­ren zum "Ge­setz zur An­ge­mes­sen­heit der Vor­stands­ver­gü­tung (Vors­tAG)" dürf­te da­her das letz­te gro­ße Ge­setz­ge­bungs­vor­ha­ben der Gro­ßen Ko­ali­ti­on vor der Wahl im Sep­tem­ber sein.

Wie wir be­reits be­rich­te­ten, wur­de der Ge­setz­ent­wurf der CDU/CSU und der SPD Mit­te März in den Bun­des­tag ein­ge­bracht und dort we­ni­ge Ta­ge spä­ter in ers­ter Le­sung de­bat­tiert (Ar­beits­recht ak­tu­ell: 09/050 Ge­setz zur An­ge­mes­sen­heit der Vor­stands­ver­gü­tung (Vors­tAG) und Ar­beits­recht ak­tu­ell: 09/065 Ge­setz zur An­ge­mes­sen­heit der Vor­stands­ver­gü­tung (Vors­tAG) auf den Weg ge­bracht). Wie üb­lich wur­de der Ent­wurf an die Aus­schüs­se über­wie­sen, und zwar un­ter Fe­der­füh­rung des Rechts­aus­schus­ses.

En­de März 2009 be­riet sich dann aber die Ko­ali­ti­ons-Ar­beits­grup­pe "Ma­na­ger­ge­häl­ter" un­ter Vor­sitz der Frak­ti­ons­vi­ze Wolf­gang Bos­bach (CDU) und Joa­chim Poß (SPD) er­neut. Im Auf­trag der Ko­ali­ti­ons­spit­zen soll­te die Ar­beits­grup­pe, die be­reits maß­geb­lich für den ur­sprüng­li­chen Ge­set­zes­ent­wurf ver­ant­wort­lich war, über wei­te­re De­tails der Ma­na­ger­haf­tung ver­han­deln.

Wie ver­schie­de­ne Nach­rich­ten­agen­tu­ren be­rich­te­ten, kam die Uni­on der SPD da­bei wei­ter ent­ge­gen. Am 23.04.2009 teil­ten Bos­bach und Poß ge­mein­sam die bis­her ver­ein­bar­ten Eck­punk­te mit.

Da­nach sol­len Ma­na­ger künf­tig stär­ker mit ih­rem ei­ge­nen Ver­mö­gen für Fehl­ent­schei­dun­gen haf­ten. An­ge­setzt wird hier­für bei den Ma­na­ger-Haft­pflicht­ver­si­che­run­gen. Mit die­sen sog. "Di­rec­tors-&-Of­fi­cers"-Ver­si­che­run­gen ("D&O-Ver­si­che­run­gen") kön­nen sich Ma­na­ger ge­gen Scha­dens­er­satz­an­sprü­che we­gen fahr­läs­si­ger Fehl­ent­schei­dun­gen ab­si­chern. In der Re­gel über­neh­men die Un­ter­neh­men den Ver­si­che­rungs­ab­schluss und die Bei­trags­zah­lun­gen.

Bis­her ist es mög­lich, den kom­plet­ten Scha­den auf die Ver­si­che­rung ab­zu­wäl­zen. Zwar soll ge­mäß Ziff. 3.8 des Deut­schen Cor­po­ra­te Go­ver­nan­ce Ko­dex "ein an­ge­mes­se­ner Selbst­be­halt ver­ein­bart wer­den", wenn ei­ne Ge­sell­schaft ei­ne D&O-Ver­si­che­rung ab­schließt. Da­bei han­delt es sich je­doch nur um ei­ne un­ver­bind­li­che Emp­feh­lung.

Nach den jetzt be­kannt ge­wor­de­nen Plä­nen der Ko­ali­ti­on soll sich dies än­dern. Künf­tig sol­len Ma­na­ger für Fehl­ent­schei­dun­gen per­sön­lich mit ei­nem Selbst­be­halt bzw. ei­ner Selbst­be­tei­li­gung von bis zu ei­nem Jah­res­ge­halt haf­ten. Nur ein dar­über hin­aus ge­hen­der Scha­den soll wei­ter auf die Ver­si­che­run­gen ab­ge­wälzt wer­den kön­nen. Da­hin­ter steht die Ver­mu­tung, dass je­mand, der im Scha­dens­fall per­sön­lich haf­tet, sorg­fäl­ti­ger ar­bei­tet.

Kri­tisch ist an­zu­mer­ken, dass ei­ne sol­che Re­ge­lung dem bis­he­ri­gen deut­schen Scha­dens­er­satz­recht fremd ist, da die­ses am mög­lichst um­fas­sen­den Aus­gleich ei­nes Ver­mö­gens­scha­dens ori­en­tiert ist und nicht an ei­ner „Be­stra­fung“ des Schä­di­gers. Und wenn es um den ef­fek­ti­ven Aus­gleich ei­nes durch ein Ma­na­ger­ver­schul­den ver­ur­sach­ten Scha­dens geht, dürf­te aus Sicht ei­nes Ge­schä­dig­ten ei­ne fi­nanz­star­ke Ver­si­che­rung als Aus­gleichs­pflich­ti­ger bes­ser sein als ein (viel­leicht mitt­ler­wei­le ver­mö­gens­lo­ser) Ma­na­ger.

Miss­fal­len er­regt der­zeit auch die Ten­denz von Un­ter­neh­mens­lei­tun­gen, ih­ren Füh­rungs­stil von kurz­fris­ti­gen Pa­ra­me­tern wie Bör­sen­kur­sen zu Stich­ta­gen - im Ex­trem­fall: den Quar­tals­er­geb­nis­sen - ab­hän­gig zu ma­chen. Hier möch­te die Ko­ali­ti­on An­rei­ze für ei­ne an lang­fris­ti­gen Er­fol­gen aus­ge­rich­te­te Un­ter­neh­mens­po­li­tik set­zen. Als Mit­tel zum Zweck hat sie die er­folgs­ab­hän­gi­gen Ver­gü­tungs­be­stand­tei­le ("Bo­ni") im Blick. Sie sol­len künf­tig erst nach Ver­trags­en­de aus­ge­zahlt wer­den dür­fen.

Nach­dem im Ge­set­zes­ent­wurf bis­her nur ei­ne Ka­renz­zeit für den Über­gang von Vor­stand zu Prü­fungs­aus­schuss vor­ge­se­hen ist, wird nun auch ei­ne Ka­renz­zeit für den Wech­sel von Vor­stand zu Auf­sichts­rat für sinn­voll ge­hal­ten. Die­ser soll künf­tig erst zwei Jah­re nach dem Aus­schei­den aus dem Vor­stand mög­lich sein. Aus­nah­men wer­den für Fa­mi­li­en­un­ter­neh­men er­wo­gen, um die Ge­ne­ra­tio­nen­nach­fol­ge si­cher­zu­stel­len. Eben­falls an­ge­dacht wird ei­ne Aus­nah­me für Fäl­le, in de­nen der Vor­stand Haupt­ak­tio­när ist.

Wie sinn­voll sol­che „Aus­zei­ten" sind, ist un­ter Fach­leu­ten al­ler­dings al­ler­dings strei­tig. Der Ge­fahr, dass in die­ser Zeit Fach­wis­sen und Sach­nä­he ver­lo­ren geht, steht die Ge­fahr ge­gen­über, dass der ehe­ma­li­ge Vor­stand als Auf­sichts­or­gan ei­ge­ne Feh­ler ver­tu­schen könn­te.

Schließ­lich soll die Zahl der mög­li­chen Auf­sichts­rat­man­da­te pro Per­son von bis­her zehn "in Rich­tung fünf" re­du­ziert wer­den. Of­fen ist bis­her, ob dies nur für ak­ti­ve Ma­na­ger oder all­ge­mein gilt.

Der ur­sprüng­li­che Wunsch der CDU, den Ak­tio­nä­ren bzw. der Haupt­ver­samm­lung ver­stärk­te Mit­be­stim­mungs­mög­lich­kei­ten bei der Vor­stands­ver­gü­tung zu ge­ben, ist in der Ar­beits­grup­pe zu ei­nem Pa­pier­ti­ger ver­küm­mert. An­ge­dacht ist der­zeit nur, dass die Haupt­ver­samm­lung ein "Miss­fal­lens­vo­tum" ge­gen die Vor­stands­be­zü­ge be­schlie­ßen kann. Die­ses Vo­tum soll al­ler­dings für den Auf­sichts­rat un­ver­bind­lich sein.

Im Zu­ge der bis­he­ri­gen Ver­hand­lun­gen konn­te über ei­ne Rei­he von Punk­ten kei­ne Ei­ni­gung er­zielt wer­den. For­de­run­gen der SPD wie ins­be­son­de­re die Ver­pflich­tung der Vor­stän­de auf das Ge­mein­wohl, ei­ne Be­schrän­kung der steu­er­li­chen Ab­setz­bar­keit von Vor­stands­be­zü­gen als Be­triebs­aus­ga­be so­wie ei­ne Bör­sen­um­satz­steu­er fan­den bis­lang kei­ne Zu­stim­mung des Ko­ali­ti­ons­part­ners wie um­ge­kehrt die For­de­rung der CDU, die An­zahl der Auf­sichts­rats­mit­glie­der ge­ne­rell zu re­du­zie­ren, bei der SPD auf kei­ne Ge­gen­lie­be stieß.

Der­zeit wird be­reits an der Ab­fas­sung der be­schlos­se­nen Er­gän­zun­gen des Ge­setz­ent­wurfs ge­ar­bei­tet. Die Er­gän­zun­gen sol­len in das lau­fen­de Ge­setz­ge­bungs­ver­fah­ren ein­ge­bracht und das Ge­setz noch vor der Som­mer­pau­se ver­ab­schie­det wer­den.

Nä­he­re In­for­ma­tio­nen fin­den Sie hier:

Letzte Überarbeitung: 5. Juni 2014

Weitere Auskünfte erteilen Ihnen gern:

Dr. Martin Hensche
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Kontakt:
030 / 26 39 620
hensche@hensche.de
Christoph Hildebrandt
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Kontakt:
030 / 26 39 620
hildebrandt@hensche.de
Nina Wesemann
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Arbeitsrecht

Kontakt:
040 / 69 20 68 04
wesemann@hensche.de

Bewertung:

Auf Facebook teilen Auf Google+ teilen Ihren XING-Kontakten zeigen Beitrag twittern

 

Für Personaler, betriebliche Arbeitnehmervertretungen und andere Arbeitsrechtsprofis: "Update Arbeitsrecht" bringt Sie regelmäßig auf den neusten Stand der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung. Informationen zu den Abo-Bedingungen und ein kostenloses Ansichtsexemplar finden Sie hier:

Alle vierzehn Tage alles Wichtige
verständlich / aktuell / praxisnah

HINWEIS: Sämtliche Texte dieser Internetpräsenz mit Ausnahme der Gesetzestexte und Gerichtsentscheidungen sind urheberrechtlich geschützt. Urheber im Sinne des Gesetzes über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (UrhG) ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Dr. Martin Hensche, Lützowstraße 32, 10785 Berlin.

Wörtliche oder sinngemäße Zitate sind nur mit vorheriger schriftlicher Genehmigung des Urhebers bzw. bei ausdrücklichem Hinweis auf die fremde Urheberschaft (Quellenangabe iSv. § 63 UrhG) rechtlich zulässig. Verstöße hiergegen werden gerichtlich verfolgt.

© 1997 - 2024:
Rechtsanwalt Dr. Martin Hensche, Berlin
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Lützowstraße 32, 10785 Berlin
Telefon: 030 - 26 39 62 0
Telefax: 030 - 26 39 62 499
E-mail: hensche@hensche.de